5 Kohletransport
Von der Hacke über den Bagger zur E-Lok
Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein erfolgte der Massentransport im Braunkohlentagebau per Hand mit Hacke und Schaufel. Der Abraum wurde mit Schubkarren zur ausgekohlten Seite transportiert und verkippt. Die Kohle, die im Schurrenbetrieb gewonnen wurde, gelangte per Schaufel in sogenannte Hunte oder in bereitgestellte Pferdewagen, die den Transport zu den Verbrauchern übernahmen. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Bagger (Dampfbagger, Eimerkettenbagger) zur Kohlegewinnung eingesetzt. Der Transport war schienengebunden. Die Hunte wurden von Dampflokomotiven gezogen. Mit fortschreitender technischer Entwicklung und immer größeren Tagebauen ging die Weiterentwicklung der vorhandenen Transporteinrichtungen einher. Es wurden stärkere Lokomotiven mit Elektroantrieb, größere Hunte (1925: 5 Kubikmeter Holzkastenwagen) und ab den 1930er Jahren Stahlblech-Kastenwagen mit 25 Kubikmeter Inhalt gebaut.
Deutlich erkennt man, daß der Abraum bereits mit Eimerkettenbaggern (Dampfantrieb) gefördert und per Eisenbahn (Dampflokomotiven) abtransportiert wird. Der Abbau der Kohle erfolgt in dieser Zeit aber noch fast ausschließlich manuell im Schurrenbetrieb. Die Schurre ist ein vom Bergmann in das Flöz geschlagener Schlitz, den er zu einem Trichter erweitert. Er nutzt dabei die Schwerkraft aus, da die gehauene Kohle hinunter in den enger werdenden Trichter fällt und dort über ein spezielles Auffanggerät, den Schurrenstuhl, in den Hunt gelangt. Diesen schiebt ein zweiter Bergmann zu einer schiefen Ebene, wo eine Kettenbahn die Kohlewagen aus dem Tagebau zieht.
Die im Tagebau Espenhain ab den 1940er Jahren eingesetzten Kohlewagen (Normalspur 1435 mm) hatten ein Fassungsvermögen von 82 Kubikmeter, was rund 60 Tonnen Rohbraunkohle entsprach. Auf beiden Seiten befanden sich je 2 Klappen, die sich manuell und pneumatisch öffnen ließen. In der Mitte im Inneren des Wagens zog sich über die ganze Länge eine „Sattel“ genannte Erhöhung des Wagenbodens. Diese bewirkte, dass nach Öffnen der Klappen die Kohle aufgrund des Sattels der Schwerkraft folgend aus dem Wagen rutschte und beidseitig vom Gleis in die Kohlebunker der Brikettfabriken und Kraftwerke fiel.
Das Wagen-Oberteil war auf zwei Drehgestellen beweglich montiert. Jedes Gestell hatte zwei antriebslose Achsen, die jeweils gebremst werden konnten. Dazu waren an jedem Drehgestell Bremsluftbehälter, Bremszylinder und Bremsbacken installiert. Alle Wagen eines Zuges waren zusätzlich zu den Kuppelstangen noch durch Luftschläuche miteinander und mit der E-Lok verbunden, die durch einen eingebauten Kompressor für gleich bleibenden Druck für die Bremsanlage und die Klappenöffnung sorgte.
Problematisch wurde der Transport, wenn bei Frostwetter die Kohle vom Bagger in die Wagen verladen wurde. Es bestand die Gefahr, dass sie auf dem Transport festfror. Deshalb gab es die Möglichkeit, den Sattel und die Wagenklappen elektrisch zu beheizen. Diese Maßnahme funktionierte nur bis zu etwa minus 20 Grad Celsius. Bei tieferen Temperaturen reichte die Heizleistung aber oft nicht aus, sodass die Kohle trotzdem an der Wagenwand und am Wagenboden festfror. Für diesen Fall gab es verschiedene Möglichkeiten, die Kohle doch noch aus den Wagen zu bekommen: Beblasen der Wagen mit Heißluft an einer „Auftauwand“ kurz vor der Bunkereinfahrt, Nutzung verschiedener mechanischer Ausstechvorrichtungen auf dem Bunker oder mehrstündiges Abstellen der Wagen in beheizten Hallen. Gelegentlich ließ es sich allerdings nicht vermeiden, dass angefrorene Kohleklumpen mit Hacken manuell aus den Wagen losgeschlagen werden musste.
Wie wurde die Kohle transportiert?
Zum Transport der Kohle vom Tagebau in die Brikettfabrik und die Kraftwerke wurden Kohlewagen benutzt, die von Elektrolokomotiven gezogen wurden. Eine solche Lokomotive konnte 7 beladene Wagen ziehen. Die Wagen wurden am Bagger von oben beladen und am Kohlebunker nach unten entladen, indem die vier seitlichen Klappen geöffnet wurden. Weil der Boden des Kohlewagens schräg war, rutschte die Kohle von selbst heraus. Nur wenn es im Winter sehr kalt wurde und die Kohle im Wagen festgefroren war, mussten die Bergleute und ihre Winterhelfer (Soldaten und Studenten) sie loshacken. Kohlewagen im Bergbau waren immer rotbraun gestrichen – im Gegensatz zu Abraumwagen, die eine graue Farbe hatten.