17 Folgelandschaft: Tiere und Pflanzen
Vom Moos über die Steppe zum Wald
Der Tagebau bedeutet einen tiefen Eingriff in den Naturhaushalt. Vormals fruchtbares Land wird abgetragen, Tiere verlieren ihren gewohnten, natürlichen Lebensraum. Kaum vorstellbar erscheint es bei einem Blick in einen aktiven Tagebau mit seinen wüsten Flächen, der riesigen Technik und der tiefen Grube, dass dort Pflanzen und Tiere jemals wieder eine Heimat finden.
Ein Tagebaubetreiber hinterlässt nicht nur Mondlandschaften, sondern ist im Gegenteil gleichermaßen für die Wiederurbarmachung, die Renaturierung verantwortlich. Überlegungen dazu gab es bereits ab den 1930er Jahren. Heute sorgt das Bundesberggesetz dafür, dass bei Aufschluss eines Tagebaus auch bereits dessen Nachnutzung mitgedacht und geplant wird.
Bei den Vorstellungen für Folgelandschaften gibt es einen Unterschied zwischen Renaturierung im Sinne der Wiedernutzbarmachung als Forst- und Agrarflächen und der als Landschaftsgestaltung, wie wir es derzeit am Beispiel des Leipziger Neuseenlandes erleben.
Auch vor 1990 ist an die Zeit nach dem Tagebau gedacht worden. Neben dem Senftenberger See als Modellbeispiel ist in unserer Region der Kulkwitzer See im Westen Leipzigs zu nennen. Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre war dieser zu einem Naherholungsgebiet umgewandelt worden. Renaturierung muss für die DDR eher als die Wiederherstellung von Forst- und Agrarflächen verstanden werden. Ideen zur Renaturierung in Form von Landschaftsgestaltung gab es zwar schon seit den späten 1950er Jahren auch in der DDR (z.B. Leipziger-Altenburger Seenplatte), deren Umsetzung begann aber erst nach 1990. Dies hatte auch damit zu tun, dass die meisten Tagebaue in der DDR noch voll in Betrieb waren. Damit gab es keine Restlöcher, die mittels Flutung zu Seen werden konnten. Die großflächige Auskohlung der Lagerstätten und deren Wiedernutzbarmachung als Forst- und Agrarfläche hatte aus wirtschaftlicher Sicht Vorrang gegenüber der Umsetzung aufwändiger landschaftsgestalterischer Sanierung.
Der aktive Tagebau ist nicht so lebensfeindlich, wie man es auf den ersten Blick vielleicht vermuten mag. So nutzen Turmfalken die Großgeräte als Brutstätten, Wechsel- und Kreuzkröten lassen sich bspw. direkt im Tagebau nachweisen. In der Bergbaufolgelandschaft entstehen wiederum die verschiedensten Biotope, auch Extrembiotope, die sonst nicht denkbar wären. Da sich Vegetation und Artenreichtum je nach Stand der Renaturierung verändern, sind diese Biotope gleichzeitig vom Aussterben bedroht und existieren meist nur wenige Jahre. Es sind Biotope auf Zeit. Ursache sind u. a. die fortschreitende Sukzession und das Steigen des Grundwasserspiegels. Aber auch durch Strukturmaßnahmen wie Wege- und Hafenbau verändern sich Lebensräume oder verschwinden ganz. Letztlich erleben die Tagebaufolgelandschaften im Laufe der Zeit eine unglaubliche Artenvielfalt – wobei das Bild der Landschaft immer ein anderes sein wird, als vor dem Tagebau.
Ein schönes Beispiel sind unsere einheimischen Orchideen, die sich in den Übergangslandschaften besonders wohl fühlen. Deren Artenvielfalt ist verblüffend.
Hier einige Beispiele:
- Pyramiden-Spitzorchis
- Bleiches Waldvöglein
- Frauenschuh
- Streifblättriges Knabenkraut
- Sumpf-Sitter
- Große Händelwurz
- Großes Zweiblatt
- Bienen-Ragwurz
Warum gibt es auf einmal so viele Seen?
Bevor ein Tagebau entsteht, überlegen Land- und Forstwirte, Bergingenieure und Landschaftsgestalter wie das Land danach aussehen soll. Noch während der Tagebau in Betrieb ist, wird damit begonnen, das Bergbaugelände wieder für Menschen, Tiere und Pflanzen nutzbar zu machen. Zu großen Teilen kann wieder Landwirtschaft betrieben werden. Wenn die ganze Kohle aus der Grube geholt ist, endet der Tagebau. Es bleibt ein Restloch zurück, dass fast genauso groß ist, wie die Menge der geförderten Kohle. Das Restloch wird mit Wasser gefüllt, ein See entsteht. Bald siedeln sich Wasservögel an und die ersten Fische kommen. Der Mensch plant und baut Häfen, Strände und Spielplätze.