03. Juni 2019
Abenteuerspielplatz "Tertiär"
Ein Ort lebendiger Wissensvermittlung (LEADER Projektvorhaben)
Wie kann man kindgerecht, attraktiv und aussagekräftig die erdgeschichtliche Entstehung der Braunkohle im Leipziger Neuseenland für die Vielzahl der jüngeren Besucher darstellen?
Der mitteldeutsche Raum wurde geprägt von der jahrhundertelangen Gewinnung, Veredelung und Nutzung der Naturressource Braunkohle.
Der Bergbau-Technik-Park hat für Kinder und Jugendliche im Schulalter bereits ein umfangreiches Informationssystem auf dem gesamten Gelände eingerichtet, das sie über die gesammelten und ausgestellten Objekte informiert
Um einen Ort lebendiger Wissensvermittlung zu schaffen, ist es notwendig, die themenbezogenen Dinge haptisch-plastisch und fantasievoll zu gestalten. Wir haben daher einen außergewöhnlichen und einzigartigen Spiel- und Lernort direkt am Parkgelände geschaffen. Kernstück ist die Spielskulptur eines lebensgroßen und begehbaren Urzeithais (carcharocles megalodon) aus dem Eozän. Sein riesiger hölzerner Körper aus gebogenen Sparren erstreckt sich im Sand. Verschiedene spielerische Kletterelemente (Strickleiter, Flossenrampe, Klettergriffe, Edelstahlrutsche) am gesamten Körper laden zur Erkundung des Äußeren und Inneren ein. Die Umgebung der Haispielskulptur ist als Klettergarten und Kletterwald nach Vorlagen tertiärer Flora gestaltet. Zwischen riesigen Schilfrohren aus Holz spannen sich Spinnennetzte zum Hangeln, Laufen und Klettern, die spielerisch Koordination und Motorik der Kinder fördern, ihre „urzeitliche Fantasie“ anregen und zugleich Wissen über die charakteristische Flora nahebringen. Ein großes hölzernes Memory mit Bildtafeln der Tier- und Pflanzenwelt des Tertiärs erläutert bildhaft das Thema Erdgeschichte und trainiert zugleich die kindliche Merkfähigkeit. Die bereits eingebaute Matsch- und Wasserstrecke wird die Sumpflandschaft repräsentieren, platzierte Findlinge sind Zeugen der späteren Eiszeit. In der Kombination der Objekte und Spielbereiche ist sowohl ein breites attraktives Angebot zur freien spielerischen Erkundung, für Abenteuer in urzeitliche Welten – letztlich für Spiel- und Lernfreude gleichermaßen. Der in den Bergbau-Technik-Park integrierte Spielplatz inmitten der Natur bietet allen Nutzer_innen einen großen Freiraum für soziale, emotionale und kreative Entwicklung. Er ist Ort der Bewegung, Ort des Rückzugs und der Lernmöglichkeit. Zudem ist er ein Ort zur Schulung der Wahrnehmungsfähigkeit sowie des unmittelbaren Begreifens der Natur und Umwelt.
Braunkohle stammt aus der versunkenen Pflanzenwelt und den Mooren des Tertiärs vor etwa 12 bis 35 Millionen Jahren. Auf dem Gebiet des heutigen Norddeutschlands existierte damals eine annähernd tropisch-subtropische Pflanzen- und Tierwelt. In den Breiten rund um Leipzig war eine paradiesische Üppigkeit entstanden, wie sie heute etwa in Florida und Georgia zu finden ist. Während des Tertiärs lag Nordwestsachsen am Südrand der Nordwesteuropäischen Tertiärsenke, der sogenannten „Paläo-Nordsee“. Durch ein ständiges Absinken der Erdoberfläche und ein Ansteigen des Grundwasserspiegels entstanden ausgedehnte Torfmoore und Moorwälder. Abgestorbene Pflanzen wurden von Wasser überdeckt und damit der Zersetzung an der Luft entzogen. Die Absenkungsgeschwindigkeit des Untergrunds stand dabei mit der Wachstumsgeschwindigkeit der Moore im Einklang. Wenn die Erdoberfläche schneller sank, drang oft Meerwasser ein und Sand sowie Ton lagerten sich über das Moor ab. Die Ästuare haben vor allem im Südraum Leipzigs die als „Flusssandzonen“ bezeichneten, sandig-kiesigen Ablagerungen hinterlassen. Dieser Vorgang wiederholte sich mehrmals im Laufe von Millionen Jahren, wobei die Vorformen der Braunkohlenflöze entstanden. Durch den Druck der Überlagerungen verdichtete sich die pflanzliche Substanz und es bildete sich zunächst Torf, der durch einen langzeitigen biochemischen Prozess, den Inkohlungsprozess, schließlich zu Braunkohle wurde.
Was macht ein Riesenhai im Sandkasten?
Der Riesenhai Carcharocles megalodon bedeutet gr. mega=riesig; donta= Zahn. Er lebte im Eozän vor 20 Mio bis 11.000 Jahren. Er war ein Fleischfresser von 12-14 m Länge und einem Gewicht von etwa 18 Tonnen. Megalodon war der größte Hai, der je gelebt hat, und eines der größten Raubtiere im Meer überhaupt. Man hat nie ein vollständiges Skelett dieses Giganten gefunden, lediglich Fragmente und Zähne. Dies liegt am Skelett der Haie, das aus Knorpel und nicht aus Knochen besteht. Knorpel zersetzt sich sehr schnell und versteinert schlecht. Die Zähne der Haie dagegen sind aus Knochenmaterial und blieben länger erhalten. Sie sind auch der Grund dafür, dass man heute davon ausgeht, dass Megalodon bis vor wenigen tausend Jahren noch existiert hat. Durch Altersuntersuchungen an Zahnfunden aus dem Pazifik konnte diese Vermutung bestätigt werden. Die Zähne von Megalodon waren rasiermesserscharf und wurden 13cm lang. Megalodon ernährte sich vermutlich von frühen Vorfahren der heutigen Wale, kleineren Haien, Fischen und Sehkühen. Megalodon bewohnte die flachen und nahrungsreichen Küstengewässer aller Weltmeere, bevorzugt aber solche in wärmeren Gegenden.
Als Spielplatzskulptur ist er ein Gegenstand kindlicher Faszination und Fantasie ähnlich den bereits ausgestorbenen Dinosauriern. Obwohl gefährlich, bedrohlich und groß, sind Urzeittiere bei Rollenspielen ein Vehikel, sich stark und mutig zu fühlen und sind in ihrem Umgang geeignet, abstrakte Begriffe wie Jahrmillionen oder auch Vergänglichkeit auf spielerische Weise erfassbar zu machen.
Wie kam der Hai in den Park?
Der Bergbau-Technik-Park ist ein zentraler Ankerpunkt für die Dokumentation und Vermittlung der Entstehung des Leipziger Neuseenlands im Südraum Leipzig. Durch die aktive Einbindung lokaler Akteure wird eine enge räumliche und soziale Bindung an die Heimat gefördert. Das integrierte Spielplatzkonzept ergänzt generationsübergreifend und nachhaltig die Ziele des Parks als Ort lebendiger Industriekultur die Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft zu verbinden.
Dank einer LEADER-Förderung 2017 sowie zahlreichen regionalen Partnern und einer Förderung durch das Regionalbudget 2019 konnte der Spielplatz in seiner heutigen Form realisiert werden.